Sommer 2014 - Eine Idee entsteht

Sommer 2014 – Deutschland, Ukraine – Eine Idee entsteht

Hilfe für die Ukraine

Februar 2014 – Der Konflikt in der Ukraine eskalierte. Zunächst mit den Vorfällen auf dem Maidan, welche den Zusammenfall der Zentralregierung in Kiew zur Folge hatte und schließlich brach der kriegerische Konflikt in der Ostukraine in den Gebieten um Donezk und Lugansk aus. In den deutschen Medien wurde sehr schnell und eindeutig das Bild von Russland als Aggressor in der ganzen Krise dargestellt. Es gab und gibt bis heute sehr viele Unstimmigkeiten was diesen Krieg anbelangt. Besonders, was den medialen Informationsfluss angeht. Fragen, was genau am 20. Februar 2014 auf dem Maidan passierte, was es mit der MH17 auf sich hat und ob es wirklich eine Annexion der Krim gegeben hat, bleiben ungeklärt.

Im Krieg stirbt die Wahrheit immer zuerst“ Und somit waren viele Bürger in Deutschland aufgrund dieser mangelhaften Berichterstattung zurecht verwirrt, empört und absolut hilflos. Was war wirklich passiert? Was können wir noch glauben? Ist es möglich, dass die Welt in schwarz und weiß, gut und böse einzuteilen ist oder sollten wir besser einmal tiefer, hinter die Kulissen schauen?

So entstand im April 2014 eine Bewegung einfacher Bürger. Menschen jeden Alters und aus jeder sozialen Schicht versammelten sich auf der Straße, um sich selbstständig über die Ereignisse in der Ukraine auszutauschen. Schnell wurde die Bewegung größer und wuchs über den Sommer an zu einer bundesweiten Friedensbewegung, mit der tausende Menschen sympathisierten. Ziel war es, Informationen auszutauschen und sich ein umfangreicheres Bild zu machen, über den Krieg, der immerhin vor unserer Haustür tobte. Wöchentlich trafen sich hunderte, manchmal sogar tausende Menschen in über 120 Städten in ganz Deutschland, Österreich und der Schweiz. So kam es, dass sich auch Germaid und Björn hier quasi auf der Straße kennenlernten. Björn wurde auf Germaid aufmerksam, als diese ihre Friedens- und Protestlieder auf den Veranstaltungen sang. Was aus dieser ersten Begegnung folgen sollte, war beiden anfänglich nicht im Geringsten klar.

Die Menschen auf der Straße wollten sich aber nicht nur über den Konflikt in der Ukraine oder auch über andere Missstände austauschen, sie wollten auch selbst aktiv werden. „Wenn die Regierungen es versäumen eine Einigkeit innerhalb Europas zu erzielen, dann wollen wir als Bürger aktiv werden“, so hieß es. Die Idee kam auf, einen Hilfsgütertransport zu organisieren, Sachspenden zu sammeln wie Kleidung, insbesondere für Kinder, für den Winter und Spielsachen, um diese in die Ukraine zu schicken und sie geflüchteten Menschen zukommen zu lassen. Björn fühlte sich sofort berufen, die Herausforderung anzunehmen und diesen organisatorischen Everest zu übernehmen. Gesagt, getan! Mit einem kleinen Video auf YouTube rief er dazu auf, für die Menschen in der Ukraine Spenden zu sammeln.

Das Video ging virtuell durch die Decke und innerhalb kürzester Zeit fanden sich in über 40 Städten deutschlandweit Menschen zusammen, die ihre Kleiderschränke bereitwillig ausmisteten. Viel Engagement traf aufeinander. Die Menschen organisierten sich in Gruppen, sodass Lagerräume gefunden wurden, in denen die Spenden gelagert werden konnten. Viele liefen von einem Supermarkt zum Nächsten, um Bananenkartons zu sammeln, in denen die Spenden verpackt wurden. Björn knüpfte den Kontakt zu dem Pastor einer leerstehenden Kirche in Hannover. Nachdem der Pastor Björns Nachnamen hörte (Apostel) war für ihn vollkommen klar, der Anfrage auf einen Lagerraum nachzukommen. Er übergab Björn die Schlüssel für seine Kirche und im vollsten Vertrauen ließ er ihm freie Hand, die Kirche für einen guten Zweck zu nutzen. Auf jeder Veranstaltung der Friedensbewegung wurden Spenden gesammelt. Björn richtete eine facebook-Seite ein, auf der die neuesten Infos ausgetauscht werden konnten. Viele Menschen engagierten sich bundesweit mit ihren Ideen und ihrem Handeln.

Als Germaid von der Spendensammlung erfuhr, war sie auch sofort Feuer und Flamme, ihr Nötigstes zu der Gemeinschaftsaktion beizutragen. Ein Spendenkonzert, das war ihre Idee. Sie organisierte in der eigenen Wohnung ein Hauskonzert, zu dem sie viele Freunde, Bekannte und Familienmitglieder einlud. Gleichzeitig war der Zweck des Konzerts klar. Es gibt keinen Eintritt, doch die Gäste sollten ihre Kleiderschränke ausmisten und Kleidung und Kinderspielzeug für die Menschen in der Ukraine mitbringen. So kamen an einem Abend über 30 Bananenkartons zusammen. Germaids Wohnung quoll über vor Spenden und zudem erlebten alle noch einen wunderbaren Abend voller herzlicher Begegnungen. Björn erzählte auf der Bühne, worum es bei dem Projekt ging und die Menschen konnten sich, neben dem Genuss der Musik, über das Hilfsgüterprojekt informieren. Somit war der Grundstein für eine Zusammenarbeit von Germaid und Björn gelegt. Der Tag der Abreise rückte immer näher. Gemeinsam mit zwei weiteren Freunden wollte Björn mit in die Ukraine reisen, um den Hilfsgütertransport zu begleiten und zu dokumentieren. Zu diesem Zweck hatte er sich extra ein Wohnmobil gekauft, das als Friedenspanzer ins Kriegsgebiet einrollen sollte. Für einen professionellen Friedenspanzer benötigte es jedoch die fachgerechte Friedensbemalung. Kinder sollten das Wohnmobil anmalen, damit die

friedliche und bunte Message herübergebracht werden konnte. Als Musikpädagogin hatte Germaid natürlich gute Kontakte zu Kindergärten und so organisierte sie gemeinsam mit einer befreundeten Erzieherin eine Malaktion in einem Kindergarten in der Südstadt Hannovers. Björn und Germaid malten natürlich mit und im Gespräch mit den Kindern vermittelten sie den Kleinen, den Grund dieser Aktion. Nämlich, dass es gar nicht weit weg von Deutschland Kinder gäbe, denen es überhaupt nicht gut ginge. Die vielleicht ihr Haus verloren hatten und fliehen mussten vor einem Krieg. Um diese Kinder wieder glücklich zu machen und ihnen ein Zeichen des Beistandes zu senden, malten die deutschen Kinder fröhliche Bilder auf das Wohnmobil.

Sonnen, Blumen, Herzen, Friedenstauben und buntes Krikelkrakel fanden Platz auf dem Gefährt. Und so erstrahlte der Friedenspanzer, der auf den Namen „Friedhelm“ getauft wurde, nach zwei Tagen in den schönsten Farben. Alle Malermeister ob klein oder groß waren sehr zufrieden mit dem Werk. Und so konnte sich Björn ein paar Tage später auf den Weg in die Ukraine machen.

Zuvor sollten jedoch noch die gesammelten Spenden verladen werden. Es waren mittlerweile so viele Kartons zusammengekommen, dass zwei 40-Tonner LKWs bestellt werden mussten. Die LKWs fuhren die vier großen Lagerstationen (Hannover, Frankfurt, Berlin, Köln) an.

Auch hier waren selbstverständlich viele freiwillige Helfer vor Ort, um die Spenden zu verladen. Die alte Kirche in Hannover war mittlerweile alles andere als leerstehend. Über 3.000 Bananenkartons mit Kleidung und Spielzeug warteten hier auf ihre Reise in den Osten. Die Stimmung unter den freiwilligen Helfern war trotz Regen wunderbar. Alle packten mit an, bildeten eine Kette und innerhalb kürzester Zeit waren alle Güter auf dem LKW verstaut, der sich sofort in Richtung Ukraine auf den Weg machte.

Alle freiwilligen Helfer, Björn und Germaid feierten an diesem Abend in der Kirche. Was für eine Aktion. Innerhalb kürzester Zeit hatte es Björn geschafft ein so enormes Großprojekt in ganz Deutschland auf die Beine zu stellen. Germaid und weitere unzählige Helfer hatten sich mit engagiert und die Aktion zu einer lebendigen, neuen Gemeinschaft wachsen lassen. Es war eine motivierende, aktive und intensive Zeit, die alle zusammengeschweißt hatte. Freundschaften entstanden und nicht nur das... unter den Helfern gab es mehrere Pärchen, die sich bildeten. Björn und Germaid waren schließlich auch eines davon... Unvergesslich blieb diese Zeit, die allen Beteiligten eins zeigte: Dass wir als normale Bürger sehr viel mehr Einfluss haben können, als wir denken und enorme Dinge bewegen können, auch ohne viel Geld oder ohne viel Know-How. Allein der Wille, der Zusammenhalt und der Mut dem eigenen Herzen zu folgen hatte diese weitreichende Aktion möglich gemacht. Jetzt wurde erst einmal gefeiert. Beide LKWs waren auf die Reise geschickt Richtung Ukraine. Björn, seine zwei Freunde und „Friedheim“ sollten in wenigen Tagen folgen.